Neue Erfahrungen: Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte, Märkte und Eisdielen....
Rechts in dem alten Gebäude am Markt war das beliebte Schreibwarengeschäft fuer Schulbedarf
Ich habe sie auch nochmal in den sechziger Jahren auf einem meiner Besuche in E. in ihrem Laden angesprochen und sie konnte sich an mich erinnern.
Neben der Bäckerei war ein kleiner "Kolonialwarenladen", wo wir Zucker, Salz, Malzkaffee,Tee, Mehl, Gries, Nudeln, Kakao (wenn es den gab), Bonbons und andere Sachen kauften, die mir entfallen sind. Ich weiss nur, dass Mehl, Gries, Salz, Zucker etc. in grossen Schubladen waren, aus denen der Kaufmann oder seine Frau diese Sachen in spitze Papiertüten schaufelte. Meine Mutter schickte mich, als ich vielleicht fünf oder sechs war, allein zum Laden mit einer kleinen Einkaufsliste, die ich dort vorlegte und die dann von den recht freundlichen Kaufleuten besorgt wurde.
Es gab noch eine andere Bäckerei in der Lutherstrasse, näher am Lutherhaus gelegen. Dort hatten sie die beliebten "Amerikaner", ein Gebäck mit weißer oder schwarzer Glasur auf einer runden Oberfläche und gewölbtem Boden, der Name sicher eine Nachkriegserfindung durch den kurzen Kontakt mit amerikanischen Sodaten bei Kriegsende.
Ich probierte auch ihre anderen Kuchen und Brötchen, aber Liebetraus Leckereien war mir erst mal am liebsten.
Irgendwann entdeckte ich noch eine Bäckerei in der Burgstraße, nicht weit vom Spielplatz und von da an holte ich mir öfter ein "Fünferstückchen", das aber nicht mehr nur 5 Pfennige, sondern eher 20 oder 25 Pfennige kostete. Oder auch ein "Baiser", auf Französisch "Kuss", eine luftige Creation aus Eisweißschnee und Zucker, innen ein bißchen feucht und klebrig, außen "bröckelig", schlimm für die Zähne, herrlich für's kindliche Leckermaul.
Wie man sehen kann, spielten Bäckereien eine große Rolle in meiner Diät. Aber da ich ständig in Bewegung war, wurde ich auch nicht dick.
Brot kauften wir in einer anderen Bäckerei, ich glaube, in der Marienstraße oder Johannisstraße. Allerdings waren meine Eltern oft nicht zufrieden damit, es war schlecht gebacken, hatte feuchte Streifen am Rande der Rinde und das war nicht akzeptabel. So waren sie immer auf der Suche nach gutem Brot, anscheinend war das schwieriger als man erwarten würde.
Auf dem Marktplatz bei der Georgenkirche und dem Rathaus war meistens einmal in der Woche ein Gemüsemarkt, allerdings ein sehr bescheidener. Es gab, mit heute verglichen, keine große Vielfalt: Möhren, oft schon recht ältlich, Kartoffeln, die in größeren Mengen im Keller gelagert wurden, Kohl in allen Farben, grün, weiß und lila, auch Kohlrabi, Lauch ab und zu, vielleicht Zwiebeln, Gurken, ab und zu auch mal Grüne Bohnen oder Erbsenschoten, Blumenkohl, aber freilich keinen Broccoli. Den lernten wir alle erst in den siebziger Jahren in Frankfurt kennen, wie so viele andere Gemüsesorten auch.
Sellerieknollen, wenn man Glück hatte, Kopfsalat, der öfter schon beim Kauf am verwelken war. Im Sommer mal Kirschen, die schnell weggekauft waren, Äpfel im Herbst, Pflaumen und Birnen. Wenn ich an Birnen denke, dann eher an die Birne, die ich zu Karin Husemeyers Geburtstag Ende Oktober von ihrem Baum im Hof bekam und die mir sehr gut schmeckte.
Dieses etwas kärgliche Angebot schien mir jedoch genug zu sein, meinen Eltern weniger, denn es gab diese Dinge auch nicht immer alle zur gleichen Zeit. Man mußte nehmen, was es gerade gab.
Unsere Lebensmittel wurden auch ab und zu ergänzt durch Obst vom Baum von Freunden oder von den Johannisbeeren im Garten der Großeltern in der Kapellenstraße. Selten kostete ich auch einen Pfirsich von einem Baum einer befreundeten Familie in der Bornstraße.
Im Dezember, um Weihnachten herum, gab es öfters Orangen oder Mandarinen und auch Bananen, vermutlich aus Kuba. Das war einmal im Jahr und damit ein großer Genuß. Der Nikolaus brachte mir immer schöne rote Äpfel und manchmal Mandarinen.
Ich jedenfalls fand Bananen und auch Äpfel eine wunderbare Sache und esse sie immer noch täglich.
Woher diese seltenen Obstsorten jedoch kamen, war mir unbekannt. Man sah sie nie in Lebensmittelläden offen im Warenangebot. Sie wurden "unter dem Ladentisch" verkauft, man mußte Beziehungen haben.
Ab und zu ergatterte mein Vater Halva oder getrocknete Feigen, alles Dinge, die ich nach wie vor schätze, wenn auch jetzt selten esse, weil ich ja mit meinen über 60 Jahren "aufpassen" muß.
Der Johannisplatz in der Innenstadt
Fleisch war ein besonders schwieriges Kapitel in der Lebensmittelversorgung. Mein Vater, der schon dank seiner "Beziehungen" für vieles sorgte, was das Essen betraf, war ein Fleischliebhaber und immer bestrebt, einigermaßen gutes Fleisch zu bekommen. Er ging in den frühen Jahren oft zur "Freibank", wo es minderwertigeres Fleisch für wenig Geld gab. Er mußte dabei seine Schuhe desinfizieren, um keine Krankheiten 'rein oder 'rausszutragen.
Folgender Beitrag dazu:
"Freibank"
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Begriff minderwertig ist in diesem Sinne irreführend. Das Fleisch, das in die Freibank gelangte, war Fleisch aus Notschlachtungen oder mit Veränderungen, z. B. durch Bluterguss. Natürlich kam dadurch auch die eine oder andere alte Kuh zur Verwertung. Die veterinärmedizinischen Untersuchungen für Fleisch, das in der Freibank verkauft wurde, waren aber erheblich ausführlicher als bei allen Normalschlachtungen. Meist waren es Tiere, die nach einer Verletzung notgeschlachtet wurden und diese waren im Gegenteil sogar meist jung. Dadurch war es möglich, Fleisch in hervorragender Qualität zu minimalem Preis in der Freibank zu erwerben.
Die Freibank diente insbesondere in einer Zeit des Mangels der Verwertung möglichst aller tierischen Produkte. Seit den 1970er-Jahren besteht mehr und mehr ein Überangebot an Fleisch, das zu relativ günstigen Preisen verkauft wird. Die Freibank hatte damit ihre wirtschaftliche Basis verloren.
Die Freibank in ihrem ursprünglichen Sinne gibt es heute nicht mehr, weil die Kategorie „bedingt tauglich“ in der Fleischbeschau nicht mehr existiert. Nur spezielle Schlachthöfe führen heute noch Notschlachtungen durch. Hier wird über die Weiterverarbeitung von diesem Fleisch beschieden. Fleisch, das als untauglich eingestuft wurde (z. B. BSE-verseucht), muss in Tierkörperbeseitigungsanlagen vernichtet bzw. verarbeitet werden. Anderes Fleisch, das zwar tauglich ist, aber nicht für die menschliche Ernährung verwendet wird, wird entweder zur Tiernahrungsherstellung verwendet oder zu nicht mehr essbaren Produkten verarbeitet, z. B. zu Schmierfetten.
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Freibank“
Die HO wurde 1948 gegründet und bot anfangs bevorzugt lang entbehrte Gebrauchsgüter und Lebensmittel ohne Lebensmittelmarken an. 2.300 HO-Läden erwirtschafteten schon 1950 zirka 26 Prozent vom Einzelhandelsumsatz der DDR. Bis 1960 waren es 35.000 Geschäfte mit einem Umsatzanteil von über 37 Prozent.
Die Handelsorganisation war gegliedert in die Bereiche Industriewaren, Lebensmittel, Gaststätten und Warenhäuser. Die großen Centrum Warenhäuser gab es in vielen Bezirksstädten der DDR. Die Geschäfte und Warenhäuser der HO existierten neben denen der Konsum-Kette. Da diese genossenschaftlich geführt wurden und kein Staatsbetrieb waren wie die HO, wurde besonders in den Anfangsjahren der DDR von Regierungsseite versucht, die HO zu bevorteilen. Trotzdem etablierten sich beide parallel in der Alltagswelt der DDR. Die Handelsorganisation betrieb zusätzlich auch Hotels, wie beispielsweise das Hotel Neptun in Warnemünde. Nach der Wende in den Jahren 1989 und 1990 wurden die Geschäfte von der Treuhandanstalt veräußert.
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Handelsorganisation
Wenn ich das Freunden oder meinen Deutschschülern hier in den USA erzähle, bekommen sie immer runde Augen und finden es erstaunlich, dass das möglich war. Aber hier kann man ja nicht mal mit Schnaps gefüllte Pralinen kaufen, da man sich damit möglicherweise betrinken könnte. Ein Witz!!!