Saturday, January 19, 2008

Die frühen Jahre, Wohnungen, Stadtviertel und Umgebung


Eisenach und Wartburg in den sechziger Jahren rechts in oberer Bildmitte die Goethe Schule und die Georgenkirche, links obere Stadt, unser Haus in der Domstraße von Osten her. Man sieht das Dach und die Rückseite, wenn man das Foto vergrößert (und ich darauf zeige).

Die ersten Lebensjahre

Ich wurde im Oktober 1947 in Eisenach geboren. Laut meiner Mutter wurde ich während "Moskauer Zeit", um 1 Uhr morgens am 5. Oktober geboren, also 2 Stunden früher als es unter "deutscher Zeit" gewesen wäre, nämlich um 23 Uhr am 4.10.1947. Im Mai 1945 bei Kriegsende drehten die Russen, sprich die sowjetischen Soldaten, die Uhren um 2 Stunden vorwärts, auf Moskau Zeit. Ob das eine offizielle Anweisung der Sowjetregierung war und wann das wieder rückgängig gemacht wurde, weiß ich nicht, aber diese Geschichte meinerzwei Geburtstage, ein deutscher und ein russischer, nämlich der 5.10. 1947, der auch in meinen Papieren verzeichnet ist, habe ich oft gehört.Verifizieren konnte ich nur die Umstellung auf Moskauer Zeit im Mai '45, nicht aber den Zeitpunkt der Zurückstellung auf die "deutsche" Zeit. Das erste Jahr meines Lebens verbrachten ich und meine Eltern in einem Zimmer in einer für mehrere Mieter aufgeteilten Wohnung in der Kapellenstraße 8 im Südviertel von Eisenach. Meine Großeltern Förstermann (Opa und Oma von mir genannt, sobald ich etwas sagen konnte neben Mami und Papi) wohnten in der Kapellenstraße 1 in einer schönen Wohnung in ihrem eigenen Haus.

Der östliche Teil des Südviertels mit dem Burschenschaftsdenkmal



Von der Kapellenstraße 8 weiss ich wenig, außer dass es Fotos von mir gibt, auf einer Decke sitzend oder in einm Körbchen in der Sonne im Garten des Hauses. Die Großmutter Paulmann war einmal zu Besuch oder wir waren bei den Großeltern Fö. in der Kapellenstrasse 1. Es muß wohl sehr eng in der Wohnung gewesen sein, in einem Zimmer, mit Küchen- und Badbenutzung für mehrere Leute.
Kapellenstraße 8, wo ich mein erstes Lebensjahr verbrachte Kapellenstraße 1, das Haus vom Opa Förstermann. Großmutter Paulmann dazu: "Wie kann man nur so ein schönes Haus so auffressen lassen von dem Grünzeug. Das macht der Engländer. Da ist aber Klinker drunter."
Das "Grünzeug", wilder Wein und Efeu, wurde in den sechziger Jahren abgemacht, siehe spätere Bilder, in denen man das Haus besser sieht.


Großmutter Paulmann und Enkelin, Juni 1948

Ein eher komischer Zufall ist, dass mein Mann und ich im Frühjahr 1995 für fast eine Woche in selben Haus in der Kapellenstraße 8 im selben Stockwerk übernachtet haben. Es wurde als Frühstückspension mit einigen Zimmern im ersten Stock benutzt, eingerichtet von einem Ehepaar, das das Haus nach der "Wende" gekauft hatte . Möglicherweise waren wir im gleichen Zimmer, in dem meine Familie 1947 war. Das Haus ist ein nicht gerade attraktiver, düsterer Backsteinbau, im neugotischen oder auch "Fabrikstil" gebaut. Die Pension hatte noch sehr viel "DDR Atmosphäre", alles war zusammengestückelt, meist bräunlich in den Farben, die Betten durchhängend, der Frühstücksraum dunkel und stickig. Aber es war relativ billig und außerdem erwarteten wir auch nicht, dass plötzlich alles "Weststandard" hatte. Es erinnerte aber auf alle Fälle an die "alte Zeiten" in der DDR.

Die beiden Wohnungen in der Domstraße

Ab Herbst 1948 zogen wir um in die Domstraße 18 in ein Stadtviertel, das näher an der Innenstadt war und auch nur ca eine halbe Wegstunde weit von der Wartburg. Es lag in einer hügeligen Gegend zwischen Innenstadt und Markt und den Villen auf dem Weg zur Wartburg. Die Wohnung, die wir bezogen, war im ersten Stockwerk des ziemlich großen Mietshauses und hatte 3 Zimmer, von denen meine Eltern und ich 2 Zimmer bewohnten. Ich schlief mit meinen Eltern im gleichen Schlafzimmer bis zum Umzug in die größere Wohnung.

Das dritte Zimmer wurde zuerst von einer Frau mit zwei Töchtern bewohnt, die aber schon bald verschwanden. Vermutlich hatte sie entweder eine bessere Wohnung bekommen oder sie war nach Westdeutschland gegangen, wie so viele Familien in den kommenden Jahren.

Hier vor dem Hintergrund der Wartburg, ich, Peter und Martina Weiland, die mit ihrer Mutter schon 1952 oder '53 nach Köln gingen, wo der Vater schon lebte. Mit Peter hatte ich viel gespielt und dann war er plötzlich weg. Ein Verlust, nicht nur für mich, auch für meine Eltern, denn wir machten mit ihr und den Kindern schöne Ausflüge in den Thüringer Wald.



Auf einem der Ausflüge mit Weilands und einer Freundin von Martina, Juli '52
Domstraße 18, 1990

auf einem meiner Eisenach Besuche

Frl. Rettberg und ihre Helferinnen. Meine Mutter rechts neben ihr und Frl. Andernacht. In dem Handwagen und in den anderen Körben sind Bücher


Dann zog Fräulein Rettberg am 5.10. 1950, an meinem dritten Geburtstag, in das freie Zimmer. Sie war früher die Lehrerin meiner Mutter gewesen auf dem Lyzeum. Inzwischen war sie in Rente. Sie war eine etwas herrische, ältere Dame mit Dutt. Ihre ehemaligen Schülerinnen halfen ihr mit einem Handwagen beim Umzug. Da sie oft ihr Essen in der gemeinsamen Küche mit ranziger Butter oder Margarine briet, roch es unangenehm in der Wohnung. Mein Vater war sehr erbost darüber, aber sie störte das


anscheinend nicht. Vermutlich war die Butter auch deshalb ranzig, weil wir alle natürlich keinen Kühlschrank hatten und Lebensmittel schnell schlecht wurden, vor allem im Sommer. Der Wohnraummangel nach dem Krieg machte es nötig, dass mehrere Parteien in einer Wohnung wohnten und Küche und Bad teilten. Auch in der neuen Vierzimmerwohnung einige Jahre später, im Erdgeschoß desselben Hauses, hatten wir ständig Untermieter oder besser gesagt, Mitmieter, zweimal hintereinander jeweils eine junge Frau, die das kleinere Zimmer neben der Küche bewohnte. Ich war zu jung, um das als sehr störend zu empfinden, aber meine Eltern mochten es natürlich nicht. Nur in einem Jahr hatten wir die Großmutter Paulmann für einen längeren Besuch, vom Oktober 1956 bis Ende April 1957, nach ihrem Sturz durch die Decke ihres morschen, alten Hauses in Camburg an der Saale, wo die Großeltern wohnten. (Dem Thema Camburg und den Großeltern Paulmann werde ich ein gesondertes Kapitel widmen) Aber das war im Grunde noch problematischer als die fremden jungen Frauen, die eigentlich auch ganz nett waren. Nur soviel zum dem großmütterlichen Besuch: Die Großmutter war viel schwieriger, da sie nicht gesund war. Sie weinte oft nachts in ihrem Bett und mein Vater, der sowieso schon Schlafstörungen hatte, haßte das. Er schien sich nicht in ihre Lage versetzen zu können. Sie hatte sich bei dem Sturz den Oberschenkelhals gebrochen, war lange im Krankenhaus in Camburg gewesen und konnte auch nicht wieder normal laufen. Sie war schon früher depressiv gewesen und das wurde durch den Unfall nicht besser. Und sicher war es auch für meine Eltern schwer, sie in der Wohnung zu haben, zumal mein Vater sich mit den Paulmanns nicht so gut verstand. Eine rundum belastende Situation. Danach hatten wir wieder eine jüngere Untermieterin, eine Tschechin, glaube ich. Die erste junge Frau, die in dem Zimmerchen wohnte, war Buchhändlerin und recht hübsch. Das fand wohl mein Vater auch und wir besuchten sie des öfteren in der Volksbuchhandlung in der Karlstraße, was immer aufregend für mich war. Das Haus in der Domstraße hatte 5 Stockwerke und 2 Souterrains. Es wohnten also recht viele Leute dort, mehrere Familien mit Kindern, aber auch ältere Ehepaare und Alleinstehende, die sich die Wohnungen teilen mußten. Unter uns wohnte ein Kellnerehepaar, das regelmäßig volltrunken nach Hause kam und sich dann auch regelmäßig auskotzte. Widerlich, denn das Haus war hellhörig. Als wir noch im ersten Stock wohnten und ich öfters die Treppe hinunterrannte und etwas lauter war, ging die Tür einer Nachbarin in der Erdgeschoßwohnung auf, in die wir später zogen und Frau Schreiner zischte mich an, ruhiger zu sein. Allerdings ging das ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder raus, wie das so bei Kindern ist. Inzwischen kann ich den Ärger der alten Frau verstehen, denn man wird lärmempfindlicher im Alter. Es gab noch eine alte Frau, Frau Zimmermann, die ihren Enkel aufzog und in der anderen Souterrainwohnung wohnte. Sie hatte etwas "hexenhaftes" an sich, eine schrille kreischende Stimme, mit der sie ihren Enkel immer rief. "Geeeert"!!!!, schrillte es aus dem Fenster, wenn sie wollte, dass er heimkam. Sie hatte eine Art Hausmeisterrolle und "passte auf", so wurde uns Kindern gesagt. Also hatten wir Respekt oder sogar Angst vor ihr, was sicher auch mit ihrer schrillen Stimme und ihrem etwas furchterregenden Äußeren zu tun hatte.




Weitere Erkundung der Welt, Spielplatz und Freunde


Meine Welt war zuerst die Wohnung in der Domstraße, in der ich bei schlechtem Wetter im relativ großen Flur mit meinem ersten Roller herumkurfte, nicht immer zur Freude der Mitmieterin. Oder ich spielte dort auch Ball.


Der erste Roller, 5.10.1950. Die Großcousinen Förstermann (Bärbel, Sabine, Ilse) und Jochen Gier


Aber ich war sehr viel draußen. Eine frühe Erinnerung ist (ich war vielleicht zwei 1/2) , dass ich auf einem Fußschemelchen vor dem Haus in der Sonne sitze und meine Mutter oben aus dem Fenster guckt. Das war der erste Schritt zum Spielen auf dem Spielplatz gegenüber vom Haus. Dort wurde "im Spätsommer ein Sandkasten aufgestellt, welcher von Gisela möglichst bei jedem Wetter aufgesucht wurde", schreibt mein Vater zu dem Foto unten.

Mein Lieblingsort für einige Jahre, der Sandkasten

Im Haus wohnte auch meine erste Freundin, Regina S., die ein Jahr jünger war als ich. Ihre Familie, auch zu dritt, bewohnte eine kleine Zweizimmerwohnung gegenüber von der Ergeschoßwohnung, in der wir wohnten. Wir spielten zusammen mit Puppen, vor dem Haus mit dem Ball oder auch auf dem Spielplatz am Geländer, an dem man wunderbar herumturnen konnte.

Regina und ich mit unseren Puppenwagen, Herbst 1951
Ihre Mutter war eine eher unscheinbare, etwas krummbeinige Frau, freundlich, aber wohl auch schüchtern und zurückhaltend. Sie kam, glaube ich, aus einer Arbeiterfamilie vom "Stiegk", einem alten Viertel im Westen von Eisenach, wo man noch stärkeren Thüringer Dialekt sprach. Regina verwechselte öfters "mir" und "mich", wenn sie sprach, also den Dativ und Akkusativ. Meine Mutter korregierte mich immer, wenn ich mir das auch angeeignet hatte. Ich sollte auf keinen Fall dieses "Proletendeutsch" sprechen, das sei "ungebildet". Zwar sprachen meine Eltern auch nicht gerade reines Hochdeutsch, sondern schon auch mit "thüringischem Einschlag", aber grammatisch korrekt. Sie waren, mehr oder weniger, "gebildet", ein wichtiges Wort damals zur Kennzeichnung der Klassenzugehörigkeit, die nach wie vor eine Rolle spielte, vor allem in den frühen Nachkriegsjahren. Und sie hatten das Abitur, das war anscheinend ein wichtiges Statussymbol. Der Vater von Regina war ein etwas finsterer Bursche, unfreundlich und autoritär. Er sah im Sommer immer ab Mittag aus dem Fenster und sonnte sich. Es hieß, er sei Lehrer, ich habe nie erfahren, in welcher Schule. Ich glaube, er war meinen Eltern suspekt. Vielleicht dachten sie, er sei SED Mitglied oder sogar bei der Stasi.

Ich denke im nachhinein, dass er wahrscheinlich auch depressiv war, wie so viele der Kriegsgeneration, die wer weiß was getan und hinter sich hatte. Ich sah Herrn S. nie lachen und er war mir unheimlich.

Regina durfte z. B. nicht in das Badezimmer, wenn die Eltern bei der Arbeit waren. Es war abgeschlossen, so dass sie einen Nachttopf benutzen mußte, der unter ihrem Bett stand. Sie zeigte mir ihn einmal und er war bis obenhin voll mit Fäkalien und Urin. In dem Zimmer roch es natürlich auch, deshalb hatte ich sie wohl gefragt, woraufhin sie mir die Ursache zeigte. Was das wohl für Spuren in ihr hinterlassen hat? Ich jedenfalls habe es nicht vergessen.

Irgendwann später hatte sie es durchgesetzt, einen Hund zu bekommen, einen jungen Foxterrier. Ich sah, wie ihr Vater ihn ab und zu mißhandelte, nach ihm trat und ihn schlug. Er wurde während des Tages auf den Küchenbalkon gesperrt und heulte oft erbärmlich. Wer weiß, ob Herr S. nicht auch seine Frau und Tochter schlug.

Da Regina juenger war und vielleicht auch eingeschüchtert vom Verhalten ihres Vaters, war sie auch meinem eigenen "autoritären" Ton nicht gewachsen. Wir spielten Schule, bevor ich in der Schule war und ich "kommandierte" sie herum. Das war dann möglicherweise der Grund, warum ihr die Eltern nach 1957 verboten, weiterhin mit mir zu spielen.

Mein "Kommandieren" betraf allerdings nur das Turnen und andere Spiele. Sie mußte mir alles nachmachen oder beim Schulespielen war ich die Lehrerin, denn ich konnte schon ein A schreiben und kleine Schulhefte basteln. Irgendwann muß sie sich darüber beschwert haben, jedenfalls sprachen wir lange nicht mehr miteinander und ich wußte erst einmal nicht, warum. Vielleicht hat ihre Mutter mit meiner gesprochen oder es blieb nur eine Vermutung. Vielleicht war es auch nur kindliche Eifersucht, weil ich öfter mit einem anderen Mädchen spielte.

Später, noch vor der Flucht in den Westen, näherten wir uns, glaube ich, wieder etwas an und sprachen hin und wieder miteinander. Aber bei meinen Besuchen in Eisenach in den sechziger Jahren habe ich sie nicht wieder gesehen. Eigentlich schade, denn wir kannten uns aus den frühen Kinderjahren.

Es gab noch andere Spielkameraden, wohl sogar noch vor der Zeit mit Regina oder zur gleichen Zeit. Den in den Westen gegangenen Peter Weiland erwähnte ich schon.

Eine andere Freundin hieß Ursula Tschechowski und ihre kleine Schwester Gisela. Sie wohnten oberhalb des Spielplatzes im Klosterweg. Das Haus ist auf dem Spielplatz-Foto zu sehen. Sie hatten einen Garten und daneben einen Obstgarten, der jemandem anderem gehörte. Der Zaun hinderte uns aber nicht, die Sauerkirschen, die man leichter erwischen konnte, zu stibitzen. Und in ihrem eigenen Garten gab es Stachelbeersträucher, die wir regelmäßig abgrasten, auch, wenn die Beeren noch nicht reif waren, sondern nur sauer. Das resultierte auch des öfteren in Bauchweh, aber abgehalten hat uns das nicht.


Leider ging die Familie, eine von vielen in dieser Zeit, in den Westen Mitte der Fünfziger Jahre und ich weiß, dass sie mir fehlten, vor allem Ursula, die 1 Jahr älter war als ich und mit der ich mich gut verstand.

5.10.1955 Karin H., ich, Gisela T., ihre Schwester Ursula, Regina, Ute S., Eva M.

Außer Karin, Eva und Regina haben alle auf dem Foto die DDR verlassen. Die Geschwister Tschechowski 1956, Ute S. 1958 oder Anfang '59, ich 1960.




Dann war da noch Gabi Neumann, in der oberen Mönchstraße wohnend, in der Nähe des Glockenturms, auch älter als ich und sehr lustig. Ich glaube, sie hatte ihren Vater möglicherweise im Krieg verloren oder er war schon im Westen, bevor auch sie und ihre Mutter "rüber" gingen, ebenso ihr Cousin Heinz. Wir spielten des öfteren "Versteckling" unterhalb des Glockenturms in den Büschen. Einmal entdeckte ich, dass meine Kleidung stark nach Urin roch. Ich konnte mir das nicht erklären, aber ich glaube, wir sahen einmal den Maler, der oben im Turm wohnte, als er seinen Nachttopf zum Fenster hinaus ausleerte. Das war der Grund für den Geruch und wir spielten von da an nicht mehr dort. Der Maler hatte keine Toilette dort oben in dem alten Stadtmauerturm und entsorgte seine Abwässer auf diese mittelalterliche Weise.

Da meine Freundschaft mit Regina beendet schien, fand ich eine neue Spielkameradin, Brigitte Schulze, genannt Mausi. Sie war hellblond und hatte ein freundliches Wesen. Allerdings war ihr Vater Parteigenosse, sie hatten die Wohnung der geflohenen Tschechowskis bekommen. Über ihren Bruder werde ich noch berichten, denn er beobachtete uns, bevor meine Mutter und ich in den Westen gingen. Mehr dazu später im Kapitel über die Flucht.



Gabi, Mausi, Ute S, ich, Daggi, Karin H., Regina, 5.10. 1957




Gabi ging mit ihren "Resteltern" und Cousin Heinz 1958 in den Westen. Auffällig war, dass zwei Mädchen in dem Foto, Gabi, Daggi, ebenso Eva M.im anderen Foto entweder keinen Vater oder keine Mutter mehr hatten. Auch der der Sohn einer Familienfreundin meiner Eltern wuchs ohne Vater auf, der nach dem Krieg Selbstmord begangen hatte. Und ein anderer Vater von einer Mitschülerin beging ca 1958 Selbstmord und die Mutter verließ auch bald nach dieser Tragödie mit beiden Kindern die DDR.


Ernsti, unbekannt, ich und Mausi, Spätsommer 1958



Es gab noch andere Kinder, eigentlich auch mehr Jungen als Mädchen. Leider habe ich nur Ernsti im Bild, der oft mit uns spielte. Er war leicht behindert am Bein und Fuß, konnte aber schneller rennen als ich. Er war wahrscheinlich der netteste Junge unserer Gruppe. Auch er wuchs ohne Vater auf.


Das Thema der Flucht in den Westen wurde mir immer bewußter, je älter ich wurde, von den frühen Fünfziger Jahren bis 1960. Es gab im Bekanntenkreis meiner Eltern, im Tennisclub, in der Schule und unter meinen Freunden immer mehr "Republikflüchtige". Wenn ich meine Geburtstagsfotos betrachte, fehlten in jedem Jahr einige Kinder, die im vorigen noch dabei waren. Ich werde dieses Thema in einem der folgenden Kapitel über unsere Flucht noch eingehend beschreiben.

Copyright 2008 G. Foerstermann


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